7. Juni 2012, Maasholm

Max fährt Rad

„Ich fahr noch mal mit dem Rad nach Kappeln“, sagte Max zu Heinke. Eigentlich wollte er den ganzen Tag segeln, aber der Wind war zu böig. Max hatte nach dem Mittag aufgegeben.

„Die paar Tropfen stören Dich wohl nicht“, sagte Heinke, mit einem skeptischen Blick aus dem Fenster. Max dachte an seine Regenklamotten in den Fahrradtaschen und verneinte. Er holte das Fahrrad aus der Garage und radelte los, 12 Kilometer bis in die kleine Hafenstadt. Die spärlichen Tropfen kamen stetig und ließen auch nach ein paar Minuten nicht nach, wurden eher mehr. Max hielt kurz an, zog sich die Regenjacke über und trat wieder kräftig in die Pedalen. Er fuhr an einem älteren Pärchen vorbei, die sich eine kleine Haube über ihren Fahrradhelm stülpten. Innerlich grinsend hob Max die Hand zum Gruße und fuhr vorbei.

 

Der Regen ließ nicht nach und der Wind kam natürlich von vorne. Nach einigen Minuten hörte Max Gesprächsfetzen und Gelache. Das werden doch wohl nicht die beiden Alten sein? Er fuhr im gleichen Tempo weiter und verfluchte den kommenden Anstieg. Schleswig Holstein sagte man doch, sollte flach und eben sein und keine Steigungen wie diese hier haben, verdammt noch mal.

 

Die Worte und das Gelache waren immer deutlicher zu hören und Max versuchte das Tempo trotz Steigung beizubehalten. Sollte doch gelacht sein, die beiden nicht abzuhängen.

Nach wenigen Metern klingelt jedoch frech eine Fahrradklingel und die beiden Oldies fuhren doch tatsächlich mit einem Lächeln auf den Lippen und einem lang gezogenen ´Moin´ an Max vorbei!

Das durfte doch nicht wahr sein! Natürlich ist sein Rad nicht das Neuste, eher gemütlich zu fahren und nicht sehr sportlich. Aber zumindest hat es 7 Gänge, einen 28er Rahmen und ist so eingestellt, das Max kräftig in die Pedale treten kann. Und nun das! Er kam sich klein vor, unsportlich, alt, älter als die beiden, die an ihm vorbei fuhren. Aber plötzlich huschte ein Lächeln über Max Gesicht. Die heruntergezogenen Mundwinkel schnellten nach oben, die Falten auf der Stirn glätteten sich, er fühlte sich wieder jung und sportlich. Er hat ihn gesehen! In Silber. Direkt hinter den in regelmäßig auf und ab stoßenden Oberschenkeln der älteren Frau. Da saß er, der Akku! Er war für die Leichtigkeit und das gleich bleibende Tempo verantwortlich! Ein E-Bike!

Gott sei Dank!

 

Tief durchatmen und gleich darauf anhalten. Max mußte sich nun auch die Regenhose anziehen, da der Regen immer stärker wurde. Jetzt wieder leichtfüßig radeln und sich freuen, dass zwei E-Bikes ihn überholt hatten.

E-Bikes. Das brannte sich nun im Max Gehirn fest. Leichtes Radeln, nicht anstrengen, Steigungen sind keine Hürde mehr. Geht das mit mit 48 Jahren schon? Macht man sich nicht lächerlich? Macht man sich nicht gleich älter als man ist? Würde man einen Platz angeboten bekommen, wenn junge Menschen sehen, dass da einer mit einem E-Bike ankommt?

 

Max war nun angekommen. Kappeln! Er ging in ein Café und bestellte sich etwas zu trinken. Ihm war nun warm durchs Fahrradfahren und seine Beine waren überall schwitzig. Genauso, nein, eher schlimmer war der Rücken. Fast schon nass. Wie ekelig! Hat der Typ neben ihm gerade die Nase gerümpft? Prüfend roch Max an sich herum...nichts! Das wäre ja auch noch schöner!

 

Warum nur, fragte sich Max, fuhr er noch kein E-Bike...?